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Aufwind für Sanierungen im bewohnten Zustand 

18. Juni 2024

City, Architecture, Building

Der Betrieb von Wohnliegenschaften in der Schweiz ist für rund 18% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass immer noch 56% der Wohngebäude fossil beheizt werden. Um die Dekarbonisierung voranzutreiben, liegt ein grosser Hebel bei energetischen Sanierungen, um den Bedarf an Betriebsenergie drastisch zu reduzieren. Sanierungen im bewohnten Zustand bieten hierbei die Chance, nicht nur Werte im Bestand zu erhalten, sondern risikoarm und sozial verträglich Mehrwerte zu schaffen.

Mehr Umbauten aufgrund des stockenden Baumarkts

Seit 2017 sind die Hochbauinvestitionen im Wohnungsneubau rückläufig, wodurch Investitionen vermehrt in Umbauprojekte gelenkt werden. Dies wird durch das hohe Alter vieler Immobilien, die zunehmende Fokussierung von Investor:innen auf Nachhaltigkeitsziele und die ungenutzten Entwicklungsreserven von Grundstücken vorangetrieben. Diese Trends, gepaart mit dem aktuellen Wohnungsmangel und einer damit verbundenen höheren Zahlungsbereitschaft, haben zu einem markanten Anstieg der Umbaugesuche für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern geführt. Die Zahl der Umbaugesuche für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nahm nach dem Tiefpunkt Ende 2020 bis Ende 2023 um 89 Prozent zu.

Es ist ein bekanntes Phänomen, dass nicht alle Baugesuche zu einer Baubewilligung führen − sei es, weil ein Gesuch nicht bewilligungsfähig ist oder weil ein Projekt aufgegeben wird. In den Jahren 2014 bis 2020 schwankte die Quote der nicht bewilligten Umbaugesuche zwischen 10 und 20 Prozent. Seit 2021 aber ist die Schere mit Quoten zwischen 30 und 40 Prozent weit aufgegangen. Das ist ein Hinweis darauf, dass das Potenzial beim Umbau derzeit nicht ausgeschöpft wird. Dafür gibt es folgende Gründe:

  • Bewilligungsdauer (Dauer der Neubaubewilligungsverfahren in den letzten 10 Jahren von durchschnittlich 118 auf 133 Tage gestiegen)
  • Einsprachen
  • Zinsanstieg

Schwindendes Angebot im günstigeren Segment

Im Jahr 2023 standen lediglich 1.15 Prozent aller Wohnungen in der Schweiz leer – ein Wert, der deutlich unter dem Schweizer Gleichgewichtsleerstand von 1.27 Prozent liegt. Zur Einordnung: Der Gleichgewichtsleerstand gibt an, bei welcher Leerstandsquote ein kantonaler Wohnungsmarkt im Gleichgewicht ist. Er zeigt also auf, wie hoch die Quote sein muss, damit die Entwicklung der Angebotsmieten inflationsbereinigt stabil verläuft. 2023 lag die Leerstandsquote in 21 Kantonen unter der jeweiligen Gleichgewichtsquote. Dies zeigt, wie eingeschränkt die Verfügbarkeit von Mietwohnungen mittlerweile ist. 

Verglichen mit dem Jahr 2020 hat sich die Zahl der jährlich angebotenen Mietwohnungen um 30 Prozent verringert. Besonders spürbar war der Rückgang im preiswerteren Segment, also bei Wohnungen mit einer Monatsmiete von bis zu 1500 Franken (ohne Nebenkosten). Hier betrug die Abnahme sogar 39 Prozent.

Die soziale Nachhaltigkeit ist gefährdet

Wenn ein Umzug in eine gleichartige Wohnung ansteht, wäre für 28 Prozent der Schweizer Haushalte die Bezahlbarkeit nicht mehr gewährleistet. Für sie würde die Wohnkostenbelastung mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen. Fast jeder dritte Haushalt muss heute also bei einem Umzug seine Anforderungen reduzieren oder in eine günstigere Region umziehen, damit sich die Wohnkostenbelastung nicht spürbar erhöht.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Blogartikel «Soziale Nachhaltigkeit im Mietwohnungsmarkt nimmt ab».

Karte der Schweiz zur sozialen Nachhaltigkeit: Darstellung der Anteile der Haushalte, deren Wohnkostenbelastung mehr als ein Drittel ihres Bruttohaushaltseinkommens beträgt

Anteil der Haushalte, deren Wohnkostenbelastung mehr als ein Drittel ihres Bruttohaushaltseinkommens beträgt

Sozial nachhaltig durch Sanierungen im bewohnten Zustand

Nicht zuletzt aufgrund des begrenzten Angebots entscheiden sich bestehende Mieter:innen für den Verbleib in einer Liegenschaft, wenn die Eigentümerschaft dies anbietet. So haben Bewohner:innen die Chance, durch Sanierungen im bewohnten Zustand in ihrem gewohnten Umfeld weiterzuleben. 

Eine Sanierung im bewohnten Zustand erfordert eine bewusste Einbindung in den Planungs- und Bauprozess, sowie klare Kommunikation mit den Bestandsmieter:innen. Der Baumassnahme geht häufig eine Mieterinformation voraus. Diese zeigt die geplanten Massnahmen, den Ablauf der Sanierung, die Handlungsoptionen der Mieter:innen während der Bauzeit und das Mietzinsniveau nach den Baumassnahmen auf. 

Gleichzeitig ist es zu diesem Zeitpunkt besonders wichtig, die Mieter:innen für die besondere Schmutz- und Lärmbelastung der Sanierung zu sensibilisieren. Während der Bauzeit werden Mieter:innen bei Bedarf Alternativen angeboten, z.B. in Form von Sanitär-Containern im Garten. Kann vor Ort keine Lösung angeboten werden, kommen Inkonvenienzentschädigungen ins Spiel. 

Sanierungsquote steigern durch serielles Sanieren

Auch wenn in den letzten Jahren ein Anstieg der Umbaugesuche zu beobachten war, muss die Sanierungsquote weiter erhöht werden, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Diese Beschleunigung erfordert ein Prozessumdenken, um die Effizienz zu erhöhen. Ein besonderer Hebel besteht durch Digitalisierung, Vorfertigung und Standardisierung von Prozessen. Im Rahmen der Veranstaltung «Immobilien und Energie: Neue Prozesse für institutionelle Investoren» von Wüest Partner am 22. Mai 2024, wurde von einem deutschen Unternehmen aufgezeigt, wie bei Sanierungen mittels industrieller Skalierung nicht nur massiv Kosten gesenkt und Zeit gespart, sondern auch hochwertige Resultate erzielt werden können. Die sanierten Liegenschaften schaffen meist den Sprung von der Energieeffizienzklasse F, G oder H auf A. Damit sinken der Energiebedarf und auch die Nebenkosten massiv, um durchschnittlich 70%. Durch die Installation von PV-Anlagen, können im Laufe des Lebenszyklus des Gebäudes die Emissionen mehr als kompensiert werden.


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