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Einordnung des SNB-Leitzinsentscheids

21. Juni 2024

Architecture, Building, City

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am 20. Juni 2024 erneut ihren Leitzins gesenkt, dieses Mal von 1.50% auf 1.25%. Ausschlaggebend dafür sind die Erwartung eines weiter nachlassenden Inflationsdrucks sowie die zunehmenden Herausforderungen für die exportorientierte Wirtschaft nach der jüngsten Aufwertung des Schweizer Frankens im Nachgang zur Europawahl. 

Welche Wirkung dürfte der Zinsentscheid für den Immobilienmarkt haben?

Die Zinssenkung kommt für den Immobilienmarkt zu einem Zeitpunkt, in dem die Dynamik wieder leicht zugenommen hat. Die zurückgekehrte Zuversicht bei Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern ist auf die erste Zinssenkung im März 2024 sowie auf die vielversprechenden Ertragsperspektiven zurückzuführen. Noch in den Jahren 2022 und 2023 trübte sich die Stimmung aufgrund des deutlichen Zinsanstiegs, der zudem mit wachsenden Baukosten einherging. Nun dürfte die erneute Zinssenkung dazu beitragen, dass sich die Marktperspektiven weiter verbessern.

Wer profitiert vom Zinsentscheid?

Der Zinsentscheid dürfte in mehrfacher Hinsicht Auswirkungen haben: 

  • Erstens werden indirekte Immobilienanlagen profitieren. Immobilienfonds dürften Rückenwind bei Kapitalerhöhungen und ihrer Performance erhalten.
  • Zweitens haben verkaufswillige Investoren Vorteile, da das Interesse an direkten Investments und die Zahlungsbereitschaft – insbesondere bei Wohnrenditeobjekten – zunehmen dürfte.
  • Drittens sinkt die Zinslast bei Wohneigentümerinnen und -eigentümern mit SARON-Hypotheken, was dazu führen könnte, dass die Zahlungsbereitschaft für Wohneigentum zunimmt und somit die Marktwerte wieder stärker steigen könnten als zuletzt.
  • Viertens könnten Wohnungssuchende, sei es für Mietwohnungen oder Wohneigentum, begünstigt werden, da der Zinsentscheid positive Auswirkungen auf die Neubauaktivitäten haben könnte. Die niedrigeren Zinsen senken die Finanzierungskosten und verringern die relative Attraktivität von Anlagealternativen, was tendenziell die Neubauquote steigert (siehe dazu auch die Studie Zinsanstieg: Effekte auf Wohnungsbau und -preise).
  • Fünftens stabilisieren sich die Mieten in laufenden Verträgen, da weitere Anstiege des Referenzzinssatzes vorerst nicht absehbar sind.

Welche Faktoren sind für die weitere Entwicklung zusätzlich ausschlaggebend?

Auch wenn sich die Perspektiven im Immobilienmarkt durch den jüngsten Entscheid weiter verbessert haben, gilt es, die generelle Lage realistisch einzuschätzen und bestehende Risiken nicht auszublenden.

  • Viele institutionelle Investoren, wie Pensionskassen und Versicherungen, halten in ihren Portfolios immer noch hohe Immobilienquoten und agieren bei Akquisitionen deshalb zurückhaltend. Entsprechend dürften die Transaktionsaktivitäten bei direkten Investments unter dem Durchschnitt der fünf Jahre 2017 bis 2021 bleiben. Zudem gehören die Zeiten der nominalen Negativzinsen weiterhin der Vergangenheit an, und der gestrige Leitzinsentscheid war bei den längerfristigen Zinsen grösstenteils schon eingepreist.
  • Ein weiterer Grund dafür, dass die Transaktionsaktivitäten unterdurchschnittlich bleiben könnten, liegt im fehlenden Angebot an Investmentmöglichkeiten. Gerade Anlageobjekte, die bei den Investoren besonders begehrt sind, wie beispielsweise Liegenschaften mit hohen Nachhaltigkeitsstandards, bleiben Mangelware.
  • Bei der Wohnbautätigkeit sind nach dem Zinsentscheid keine grossen Sprünge zu erwarten. Zwar fördern sinkende Zinsen die Neubautätigkeit, jedoch bremsen striktere Auflagen, eine steigende Anzahl von Einsprachen sowie langwierige Baubewilligungsprozesse und der Mangel an Bauland die Neubauaktivitäten.
  • Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Inflation stärker zurückkehrt, als die SNB derzeit annimmt. Dies könnte Zinsanstiege zu einem späteren Zeitpunkt nach sich ziehen.

Wie wirkt sich der Entscheid auf den Referenzzinssatz und die Hypothekarzinsen aus?

Der Leitzinsentscheid bekräftigt die derzeitige Stabilität des Referenzzinssatzes, der sich aus einer Rundung des Durchschnitts aller ausstehenden Hypotheken ergibt. Der Entscheid verändert jedoch die Verteilung der Hypothekarzinsen. Der neue Leitzins von 1.25% führt im Mittel zu einem SARON-Hypothekarzins von rund 2%.

Damit werden Hypotheken mit Zinssätzen von rund 2% häufiger. Durch die Zunahme der Hypotheken mit Zinsen von 2% wird die Verteilung der ausstehenden Zinsen gleichmässiger. Derzeit bezahlen besonders viele Hypothekarnehmer einen Zins zwischen 0.75% und 1.25% beziehungsweise zwischen 2.25% und 2.50 %.

Mit dem gestrigen Entscheid endet die eher ungewöhnliche Phase, in der Hypothekarnehmer mit Abschluss einer längerfristigen Laufzeit einen aktuell tieferen Zins als mit einer SARON-Hypothek eingehen konnten. Entsprechend werden nun häufiger SARON-Hypotheken abgeschlossen. Insgesamt ist am Hypothekarmarkt infolge der zwei Zinsschritte mit einer Belebung zu rechnen.

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